Mittwoch, 25. Januar 2012

Gegensätze ziehen sich an – Ziemlich beste Freunde

Ein französischer Film über Freundschaft... kennen wir das nicht schon? Letztes Jahr avancierte "Kleine Wahre Lügen" mit über 5 Millionen Zuschauern in Frankreich auch in Deutschland zu der Sommertragikomödie des Jahres.

Nun taucht Francois Cluzet erneut als reicher, launischer Hauptdarsteller auf unseren Leinwänden auf; nur diesmal querschnittsgelähmt, im Rollstuhl sitzend und auf der Suche nach einem neuen Pfleger. Eben dieser soll der gerade aus dem Gefängnis entlassene Driss werden, der sich eigentlich nur die Unterschrift für die "Absage trotz hervorragender Qualitäten" holen will um weiterhin Arbeitslosengeld empfangen zu können. Aber gerade er, der sich so sehr von den anderen Bewerbern mit ihren Referenzen unterscheidet, scheint geradezu perfekt für den Job oder wie er sich später selbst beschreibt: "pragmatisch".

ziemlichbestefreunde.senator.de
"Ziemlich beste Freunde" erzählt mit viel "schwarzem Humor" die Geschichte zweier Männer, die sich normalerweise niemals begegnet wären. Der eine ist weiß, reich und gebildet, der andere schwarz, arm und redet bevor er denkt. Der eine lebt in einem warm leuchtenden pariser Palais, der andere im kühlen Armenviertel. Der eine hat eigentlich alles, was man sich für Geld kaufen kann, nur die wahren Güter hat er alle verloren. Der andere hingegen hat gar nichts mehr zu verlieren. Doch eines verbindet sie: der Mut und der Wille, das Leben zu leben. Gegenseitig zeigen sie sich wieder die Freude an den Dingen, die seit Jahren da sind, aber nicht mehr geschätzt und zur Seite gestellt wurden: mit einem Maserati durch Paris rasen, den Rollstuhl auf 12PS aufrüsten, in der Nacht frische Luft atmend durch Paris fahren, einen Joint rauchen und zum Paragliding fahren, und der Geburtstagsfeier endlich wieder ein bisschen Spaß verleihen, bis hin zur Lebensgeschichte und sich gegenseitig Beziehungs- und Familientipps geben. Freundschaft eben, aber nicht irgendeine, sondern eine besondere Freundschaft, die über soziale und kulturelle Grenzen hinweggeht und mit Ignoranz, Klischees und Vorurteilen aufräumt.
Was man wirklich aneinander hat, merkt man erst, wenn die gemeinsame Zeit vorbei ist. Wenn man sich wieder trennen muss. Wenn man anfängt, zurück in die Einsamkeit geworfen, sich gehen zu lassen. Aber was einen wahren Freund ausmacht, zeigt sich, wenn er plötzlich wieder vor der Tür steht.

Ein unglaublich gefühlvoller Film, den man am besten zusammen mit Freunden und netten Menschen genießt, und sich zuletzt die Tränen des Lachens und der Rührung von den Wangen wischt.

Freitag, 6. Januar 2012

Wenn Worte meine Sprache wärn... (Tim Benzko)

"sein erstes Wort war ..." freuen sich die frisch gebackenen Eltern. Und würden es am liebsten den ganzen Tag auf Replay drücken... nein wie toll, das Kind spricht. Und dann redet es und redet, wird größer, wächst, und redet weiter... bis... ihm plötzlich die Worte fehlen.

!Benutz Worte, bilde Sätze! Es wär so einfach... und doch stoßen wir an Situationen wo unser Wortschatz seine Grenzen erreicht, wir Dinge und Ereignisse nicht beschreiben können. 
Aber auch dafür hat die Sprache sich was einfallen lassen: entweder Wörter wie "unbeschreiblich" oder noch besser und mein heimlicher Favorit: der Konjunktiv. Man verleiht einem Verb etwas unbestimmtes, einen Hauch "so in etwa aber nicht ganz".

Warum macht man sich meist nicht die Mühe, mit der deutschen Sprache zu spielen, und zu versuchen, sich eben durch Metaphorisierung allmählich dem eigentlichen Kern zu nähern? Unsere Sprache ist so bildlich. Wir können mit Worten Unsichtbares sichtbar, Unbeschreibliches beschreibbar machen.

"Das Wort ist mächtiger als das Schwert" besagt eine deutsche Redewendung. Ein Wort kann etwas bewegen, es kann als guter Rat weiterhelfen, es kann aber auch verletzen, und zerstören, oder es wird komplett falsch verstanden.

Da haben wir den Grund: Wir haben Angst, nicht richtig verstanden zu werden, uns in unserem eigenen Geflecht aus Worten zu verheddern, oder zu verletzen bzw verletzt zu werden. Wir hüllen uns in sicheres, schützendes Schweigen. Und ahnen gar nicht, dass non-verbale Kommunikation oder "vielleicht unter Umständen unsichere Eventualitäten" noch viel schmerzhafter sind. Es gibt nichts Missverständlicheres, als wenn wir gezwungen werden, irgendwann mal Gesagtes mit dem gegenwärtigen Verhalten zu kombinieren und selbst interpretieren müssen. Ebenso verkomplizieren sich redebedürftige Situationen, wenn zwischen den Betreffenden kein Wort mehr gewechselt wird, aber solange mit anderen darüber diskutiert wird, bis man nicht mehr merkt, dass man längst nicht mehr das sagt was man selbst denkt, sondern zum Boten wird, der eine Mischung aus Meinungen und Ratschlägen anderer transportiert.

Das soll jetzt keine Aufforderung werden, verfügbare Sprachrohre noch mehr zu missbrauchen als es eh schon in Zeiten des Internets getan wird. Ich halte mit an Oscar Wilde und segne alle mit, die nichts zu sagen haben und den Mund halten. Aber wenn miteinander geredet werden muss, dann um Himmels Willen macht Worte zu eurer Sprache, bedient euch des Wortschatzes, steht zu euerm Wort!