Dienstag, 13. September 2011

Entschuldigen Sie bitte, sind Sie glücklich?...

Kleeblatt, Marienkäfer, Schweinchen, Hufeisen, Regenbogen, was weiß ich... wir alle kennen diese bisweilen etwas kitschigen Glückssymbole... aber was is eigentlich Glück? und warum fällts uns so schwer, es an unserm Leben teilhaben zu lassen?

Man sagt: „Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde…“ Demnach müssten wir einfach alle anfangen, zu reiten und gut ist… tun wir aber nicht… wir verzichten lieber auf das sich daraufhin einstellende Dauerlächeln zugunsten der Vermeidung von zwangsläufigen O-Beinen... und da ist er wieder, der „Wutbürger“ (2010 zum Un- und Wort der Jahres gewählt)… der ewige "Nein-Sager" und chronische "Dagegen-Seier"... der im In- wie Ausland verschriene ewig unzufriedene Deutsche, der bei jedem Fitzelchen Glück und Zufriedenheit den Haken sucht, über den man sich dann stunden-, ja wochenlang aufregen kann. (ich verweise hier nur zu gern auf einen Artikel meiner Freundin Monta: Dauernörgler 2.0 (http://montaalaine.blogspot.com/2011/07/dauernorgler-20verweilen-wir-doch-alle.html))
Einer Studie zufolge sind ja die Dänen das glücklichste Volk der Erde, warum weiß ich leider nicht mehr... Pech gehabt, muss ich den Schlüssel zum Glück weitersuchen.

Oder halten wir uns doch an Forrest Gumps philosophische Klugscheißerei „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie was drin ist“… warum lassen wir uns also nicht einfach überraschen? Ganz einfach, weil die meisten Menschen kontrollwahnsinnige Monster sind, die sich erstens nicht überraschen lassen, sondern mit Stadtplan und Organizer durchs Leben laufen, und zweitens die Praline mit der glücksbringenden Füllung garantiert als letzte essen; diese Praline hat quasi die "goldene A****karte", sie kann es auch eigentlich gleich sein lassen mit ihrem Vorhaben, uns glücklich zu stimmen, weil wir uns schon wieder darüber beklagen, dass wir nach der ganzen Schachtel Pralinen jetzt mindestens 5 kilo zugenommen haben. 

"I would like to be happy, but who is happy? (Marilyn Monroe)
„Glück ist ein fragloser Zustand“, sagt Theodor Adorno, „man ist glücklich. – erst im Nachhinein könne man bewusst und mit Gewissheit beurteilen, ob die Empfindung tatsächlich Glück war.“ Aber was sind diese Momente des Glücks? Die Momente, die wir im nachhinein von anderen abgrenzen und als „gut“ betiteln, ja schon fast wieder kategorisieren? Nehmen wir dem ganzen Augenblick nicht wieder seinen Zauber, wenn wir ihn so abstempeln?
Momente wären so etwas wie grenzenlose Zufriedenheit, die leere Gedankenblase im Comic... Fakt ist aber: wir haben einfach keine Zeit zum glücklich sein. Der Partner fürs Leben muss gefunden , die Karriereleiter im Laufschritt erklommen, und die kleinen schreienden genetischen Reproduktionen (man kann auch Kinder sagen) in die Welt gesetzt werden…

Carpe Diem – Memento Mori
Bücher mit Zitatsammlungen haben geradezu Hochkonjunktur, sind immer wieder ein gerngekauftes kleines Präsent. Wir lesen es, nehmen es im besten Fall zur Kenntnis, denken uns in wutbürgerlicher Manier „ja die haben ja leicht reden… früher war alles besser…“, stellen das Buch, wenn überhaupt  ins Regal und wutbürgern weiter… ja es gibt sogar eine "Anleitung zum Unglücklichsein" (Paul Watzlawick)
Und sowieso und überhaupt geht es allen anderen immer viel viel besser als mir selber… Mephisto wird sich wohl noch etwas anstrengen müssen, uns einen Augenblick zu verschaffen, der so gelungen, ja befriedigend ist, dass wir innehalten und alle im Chor singen: „Verweile doch, du bist so schön“


Why did we make it so hard. This life is so complicated, until we see it through the eyes of a child.
Dabei wäre es so einfach, wenn wir alle ein bisschen mehr in bescheidener Zufriedenheit verweilen würden. Wie Diogenes, für den der größte Wunsch wäre, dass ihm Alexander der Große aus der Sonne gehe… gut, wir müssen uns jetz nicht gleich in eine Tonne setzen, aber ein Baum täts auch, vorzugsweise ein Olivenbaum für das griechischen Diogenes-Flair.
Oder wie wärs einfach mal, mit offenen Augen durch die eigene Stadt schlendern… ohne Armbanduhr, Organizer und Handy versteht sich… Auf eine Spielplatz rennen, Kinder vertreiben und die Schaukel besetzen =)

Montag, 5. September 2011

Die Weisheit baut sich ein Haus – Architektur und Geschichte der Bibliothek

Verändern sich Bibliotheken infolge der Digitalisierung zu einem jederzeit und überall verfügbaren Warenhaus an Informationen? Steuern wir immer mehr auf die Bibliothek als „Friedhof der vergessenen Bücher“ (Carlos Ruiz Zafó) zu? Doch wie ist es auf der anderen Seite zu erklären, dass entgegen der heraufbeschworenen Apokalypse der Bibliotheken angesichts der neuen Medien in den letzten 20 Jahren mehr Neubauten als je zuvor entstanden?

Diese Fragen stellt und beantwortet das Architekturmuseum der TU München in der Ausstellung „Die Weisheit baut sich ein Haus – Architektur und Geschichte der Bibliothek“.
Ausstellung noch bis zum 16. Oktober 2011 in der Pinakothek der Moderne, München.


Vom Suchen und Finden des Wissens
Über 100 Publikationen stellt die „Stiftung Bibliothek Werner Oechslin“ zur Verfügung: Bücher, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich Wissen möglichst klar und einheitlich strukturieren lässt. Der Ursprung der Ordnungssysteme liegt ganz klar im Alphabet: Der Übergang von Bildsprache zur Schriftsprache.

Ton – Papyrus – Pergament – Buch – Festplatte
Die Entwicklung der Speichermedien: wie lässt sich dieses geordnete Wissen fixieren? Die Ägyptischen Hochkulturen meißelten ihre längerfristig zu tradierende Texte in Stein- und Tontafeln  und lagerten diese in Regalen, in Griechenland und Rom wurden die Texte wesentlich platzsparender in zusammengerollten Papyrusrollen aufbewahrt, ein großer Teil dieser kulturgeschichtlichen Textzeugnisse wurde im Zuge der zunehmenden Überlagerung von griechischer und christlicher Traditionen durch Zensierung zerstört. Die dadurch verkleinerten Bibliotheken des Mittelalters verdienen eher den Namen Bücherschrank, denn meist enthielt ein Kloster nicht mehr als wenige 100 Werke und zahlreiche Abschriften der immer selben „als besonders wertvoll für das Christentum“ kanonisierten Texte. Im Vergleich zu den über 40.000 Papyrusrollen der Griechen und Römer ein Witz…

Bewahren – Bedienen – Benutzen
Die Entwicklung der Speichermedien geht einher mit der Entwicklung der architektonischen Umsetzung der Wissensspeicherung, dem Bibliotheksgebäude an sich: wie lässt sich das fixierte Wissen vor Verfall und Zerstörung bewahren? Wie sehen die am besten geeigneten Aufbewahrungsorte aus?
Immernoch gilt "Alexandria" als Metapher für Bibliotheksbau. In der Antike galt sie als Kern des Wissens der Welt. Heute steht an der Stelle des antiken Vorbilds symbolisch das neue Gebäude, Kugelförmig - unendlich, umfassend, vollkommen eben.


Von langen Bücherregalen gesäumte Lesehallen, hohe Decken, damit die Gedanken genügend Raum finden, mehrere Ebenen, wodurch schon Struktur zur Aufbewahrung vorgegeben wird, usw usw... Zahlreiche Fotografien der bedeutendsten Bibliotheken der Welt geben abrissartig einen Überblick über die Architekturgeschichte.

Die Gemeinsamkeit: Das Streben nach dem Bau von Universalbibliotheken: möglichst alles, möglichst strukturiert, möglichst in einem Gebäudekomplex!
Diese Ideen wurden auch in der Literatur immer wieder behandelt und/oder karikiert. Die bekannteste Erzählung ist die Kurzgeschichte „La biblioteca de babel“ von Jorge Luis Borges: eine unendliche Bibliothek, die jedes Buch der Welt genau einmal enthält. Einziges Problem: niemand kennt das Ordnungssystem, niemand weiß wo man was findet, man kann nicht mal bis an ihr räumliches Ende blicken... eine Benutzung wird unmöglich...

Quo vadis Bibliothek?
Was geschieht aber in Zeiten von digi-Bibs und E-Books mit der ursprünglichen Idee der Bibliothek als Ort , an dem kulturelle Vergangenheit Gegenwart wird? Die Bibliothek als riesiges Gebäude, in dem Wissen in Form von Texten, fixiert auf spürbaren Medien konserviert und tradiert wird, scheint unnötig zu werden, wenn jeder ganze Bibliotheken einfach in der Hosentasche mit sich rumträgt (allein der angebissene Apfel bietet seinen smartphone-Nutzern rund 30.000 Titel zum kostenlosen Download)?
Die zu beobachtende Tendenz ist aber eine andere: die Bibliothek verendet nicht, sie verändert sich… allein in den letzten zwei Jahrzehnten wurden so viele Neubauten konstruiert wie nie zuvor!
In Zukunft wird man von drei Erscheinungsformen sprechen: 1) die virtuelle Bibliothek, in der man Bücherseiten nur noch mittels eines lässigen Fingerwischs über den Bildschirm umblättert… 2) die introvertierte Bibliothek, die weiterhin einen abgeschlossenen Bereich zum Arbeiten mit Büchern bietet… 3) die extrovertierte Bibliothek, die sozusagen beide Bibliotheken miteinander vereint, immer noch der traditionellen Bibliothek treu bleibt, sich aber den neuen Medien öffnet und zum so genannten „Wissens-Zentrum“ wird…

Natürlich muss man bei aller Liebe zum Papier eingestehen, die Möglichkeit, Texte in einem elektronischen Katalog nochmals abzusichern und somit unendlich haltbar zu machen, hat  Vorteile; denken wir nur an den grauenvollen Brand, der 2004 in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar ausbrach und die Bibliothek um knapp 50.000 Bände beraubte… mittels elektronischer Kataloge ließ sich ein Großteil der beschädigten oder vernichteten Bände restaurieren.

Doch in dem ganzen Rausch des Digitalisierens und „Datenbankings“ sollte man eines nicht vergessen: Daten sind nicht gleich Informationen, Informationen ist nicht gleich Wissen, und Wissen ist nicht gleich Bildung!



Bilder: Architekturmuseum der TU München, Apple