Verändern sich Bibliotheken infolge der Digitalisierung zu einem jederzeit und überall verfügbaren Warenhaus an Informationen? Steuern wir immer mehr auf die Bibliothek als „Friedhof der vergessenen Bücher“ (Carlos Ruiz Zafó) zu? Doch wie ist es auf der anderen Seite zu erklären, dass entgegen der heraufbeschworenen Apokalypse der Bibliotheken angesichts der neuen Medien in den letzten 20 Jahren mehr Neubauten als je zuvor entstanden?
Diese Fragen stellt und beantwortet das Architekturmuseum der TU München in der Ausstellung „Die Weisheit baut sich ein Haus – Architektur und Geschichte der Bibliothek“.
Diese Fragen stellt und beantwortet das Architekturmuseum der TU München in der Ausstellung „Die Weisheit baut sich ein Haus – Architektur und Geschichte der Bibliothek“.
Ausstellung noch bis zum 16. Oktober 2011 in der Pinakothek der Moderne, München.
Vom Suchen und Finden des Wissens
Über 100 Publikationen stellt die „Stiftung Bibliothek Werner Oechslin“ zur Verfügung: Bücher, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich Wissen möglichst klar und einheitlich strukturieren lässt. Der Ursprung der Ordnungssysteme liegt ganz klar im Alphabet: Der Übergang von Bildsprache zur Schriftsprache.
Vom Suchen und Finden des Wissens
Über 100 Publikationen stellt die „Stiftung Bibliothek Werner Oechslin“ zur Verfügung: Bücher, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich Wissen möglichst klar und einheitlich strukturieren lässt. Der Ursprung der Ordnungssysteme liegt ganz klar im Alphabet: Der Übergang von Bildsprache zur Schriftsprache.
Ton – Papyrus – Pergament – Buch – Festplatte
Die Entwicklung der Speichermedien: wie lässt sich dieses geordnete Wissen fixieren? Die Ägyptischen Hochkulturen meißelten ihre längerfristig zu tradierende Texte in Stein- und Tontafeln und lagerten diese in Regalen, in Griechenland und Rom wurden die Texte wesentlich platzsparender in zusammengerollten Papyrusrollen aufbewahrt, ein großer Teil dieser kulturgeschichtlichen Textzeugnisse wurde im Zuge der zunehmenden Überlagerung von griechischer und christlicher Traditionen durch Zensierung zerstört. Die dadurch verkleinerten Bibliotheken des Mittelalters verdienen eher den Namen Bücherschrank, denn meist enthielt ein Kloster nicht mehr als wenige 100 Werke und zahlreiche Abschriften der immer selben „als besonders wertvoll für das Christentum“ kanonisierten Texte. Im Vergleich zu den über 40.000 Papyrusrollen der Griechen und Römer ein Witz…
Bewahren – Bedienen – Benutzen
Die Entwicklung der Speichermedien geht einher mit der Entwicklung der architektonischen Umsetzung der Wissensspeicherung, dem Bibliotheksgebäude an sich: wie lässt sich das fixierte Wissen vor Verfall und Zerstörung bewahren? Wie sehen die am besten geeigneten Aufbewahrungsorte aus?
Immernoch gilt "Alexandria" als Metapher für Bibliotheksbau. In der Antike galt sie als Kern des Wissens der Welt. Heute steht an der Stelle des antiken Vorbilds symbolisch das neue Gebäude, Kugelförmig - unendlich, umfassend, vollkommen eben.
Von langen Bücherregalen gesäumte Lesehallen, hohe Decken, damit die Gedanken genügend Raum finden, mehrere Ebenen, wodurch schon Struktur zur Aufbewahrung vorgegeben wird, usw usw... Zahlreiche Fotografien der bedeutendsten Bibliotheken der Welt geben abrissartig einen Überblick über die Architekturgeschichte.
Die Gemeinsamkeit: Das Streben nach dem Bau von Universalbibliotheken: möglichst alles, möglichst strukturiert, möglichst in einem Gebäudekomplex!
Diese Ideen wurden auch in der Literatur immer wieder behandelt und/oder karikiert. Die bekannteste Erzählung ist die Kurzgeschichte „La biblioteca de babel“ von Jorge Luis Borges: eine unendliche Bibliothek, die jedes Buch der Welt genau einmal enthält. Einziges Problem: niemand kennt das Ordnungssystem, niemand weiß wo man was findet, man kann nicht mal bis an ihr räumliches Ende blicken... eine Benutzung wird unmöglich...
Quo vadis Bibliothek?
Was geschieht aber in Zeiten von digi-Bibs und E-Books mit der ursprünglichen Idee der Bibliothek als Ort , an dem kulturelle Vergangenheit Gegenwart wird? Die Bibliothek als riesiges Gebäude, in dem Wissen in Form von Texten, fixiert auf spürbaren Medien konserviert und tradiert wird, scheint unnötig zu werden, wenn jeder ganze Bibliotheken einfach in der Hosentasche mit sich rumträgt (allein der angebissene Apfel bietet seinen smartphone-Nutzern rund 30.000 Titel zum kostenlosen Download)?
Die zu beobachtende Tendenz ist aber eine andere: die Bibliothek verendet nicht, sie verändert sich… allein in den letzten zwei Jahrzehnten wurden so viele Neubauten konstruiert wie nie zuvor!
In Zukunft wird man von drei Erscheinungsformen sprechen: 1) die virtuelle Bibliothek, in der man Bücherseiten nur noch mittels eines lässigen Fingerwischs über den Bildschirm umblättert… 2) die introvertierte Bibliothek, die weiterhin einen abgeschlossenen Bereich zum Arbeiten mit Büchern bietet… 3) die extrovertierte Bibliothek, die sozusagen beide Bibliotheken miteinander vereint, immer noch der traditionellen Bibliothek treu bleibt, sich aber den neuen Medien öffnet und zum so genannten „Wissens-Zentrum“ wird…
Natürlich muss man bei aller Liebe zum Papier eingestehen, die Möglichkeit, Texte in einem elektronischen Katalog nochmals abzusichern und somit unendlich haltbar zu machen, hat Vorteile; denken wir nur an den grauenvollen Brand, der 2004 in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar ausbrach und die Bibliothek um knapp 50.000 Bände beraubte… mittels elektronischer Kataloge ließ sich ein Großteil der beschädigten oder vernichteten Bände restaurieren.
Doch in dem ganzen Rausch des Digitalisierens und „Datenbankings“ sollte man eines nicht vergessen: Daten sind nicht gleich Informationen, Informationen ist nicht gleich Wissen, und Wissen ist nicht gleich Bildung!
Bilder: Architekturmuseum der TU München, Apple
Diese Ideen wurden auch in der Literatur immer wieder behandelt und/oder karikiert. Die bekannteste Erzählung ist die Kurzgeschichte „La biblioteca de babel“ von Jorge Luis Borges: eine unendliche Bibliothek, die jedes Buch der Welt genau einmal enthält. Einziges Problem: niemand kennt das Ordnungssystem, niemand weiß wo man was findet, man kann nicht mal bis an ihr räumliches Ende blicken... eine Benutzung wird unmöglich...
Quo vadis Bibliothek?
Was geschieht aber in Zeiten von digi-Bibs und E-Books mit der ursprünglichen Idee der Bibliothek als Ort , an dem kulturelle Vergangenheit Gegenwart wird? Die Bibliothek als riesiges Gebäude, in dem Wissen in Form von Texten, fixiert auf spürbaren Medien konserviert und tradiert wird, scheint unnötig zu werden, wenn jeder ganze Bibliotheken einfach in der Hosentasche mit sich rumträgt (allein der angebissene Apfel bietet seinen smartphone-Nutzern rund 30.000 Titel zum kostenlosen Download)?
Die zu beobachtende Tendenz ist aber eine andere: die Bibliothek verendet nicht, sie verändert sich… allein in den letzten zwei Jahrzehnten wurden so viele Neubauten konstruiert wie nie zuvor!
In Zukunft wird man von drei Erscheinungsformen sprechen: 1) die virtuelle Bibliothek, in der man Bücherseiten nur noch mittels eines lässigen Fingerwischs über den Bildschirm umblättert… 2) die introvertierte Bibliothek, die weiterhin einen abgeschlossenen Bereich zum Arbeiten mit Büchern bietet… 3) die extrovertierte Bibliothek, die sozusagen beide Bibliotheken miteinander vereint, immer noch der traditionellen Bibliothek treu bleibt, sich aber den neuen Medien öffnet und zum so genannten „Wissens-Zentrum“ wird…
Natürlich muss man bei aller Liebe zum Papier eingestehen, die Möglichkeit, Texte in einem elektronischen Katalog nochmals abzusichern und somit unendlich haltbar zu machen, hat Vorteile; denken wir nur an den grauenvollen Brand, der 2004 in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar ausbrach und die Bibliothek um knapp 50.000 Bände beraubte… mittels elektronischer Kataloge ließ sich ein Großteil der beschädigten oder vernichteten Bände restaurieren.
Doch in dem ganzen Rausch des Digitalisierens und „Datenbankings“ sollte man eines nicht vergessen: Daten sind nicht gleich Informationen, Informationen ist nicht gleich Wissen, und Wissen ist nicht gleich Bildung!
Bilder: Architekturmuseum der TU München, Apple




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